Heute werde ich euch von meinen Bewerbungsbemühungen erzählen. Ich bin als Sozialarbeiterin nun schon seit über 5 Monaten auf der Suche wieder eine Anstellung im sozialen Bereich zu finden. Meine Bewerbungsunterlagen sind einwandfrei, sonst wäre ich nicht jeden Monat bei mindestens einem potentiellen Arbeitgeber zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Aber als transidente Frau sind gute Qualifizierung, ein ansprechendes Äußeres sowie ein tadelloses Auftreten eben nur knapp die halbe Miete. Der größte Teil besteht eben zumindest für mein Gegenüber in der "Einstufung meiner Transidentität". Ich werde in bzw. nach Bewerbungsgesprächen oft mit Sätzen konfrontiert, die ungefähr so lauten "Sie haben ein erstklassiges Bewerbungsgespräch absolviert, aber wir sind hier im ländlichen Raum, katholischer Träger, die Gegend ist noch nicht so weit ich persönlich habe nichts gegen Sie ..."
Manchmal möchte ich in solchen Gesprächen einfach laut schreien und stelle mir dann vor wie ich mutig aufstehe und erkläre " Die Würde des Menschen ist unantastbar, niemand darf aufgrund seiner Identität diskriminiert werden, alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich ..." Aber ich weiß eben: Papier ist geduldig, Menschen sind wie sie sind und Fremdes macht Angst und im Zweifel ist es wichtiger was die Gemeinschaft bzw. die Mitbewohner, Mitarbeiter, Mitbürger usw. denken. Das Gesetz schweigt geduldig es wird nur aktiv wenn man es um Hilfe bittet und dazu braucht man Kraft und einen langen Atem. Diese Energie habe ich im Moment nicht, außerdem ist Recht per Gesetz mag es noch so rechtschaffen sein zerbrechlich und zerbricht am Druck der Straße bzw. dem Unverständnis der breiten Masse.
Wichtiger aus meiner Sicht ist Öffentlichkeitsarbeit: Die breite Masse muss wissen, dass sie Unrecht begeht wenn sie Transgender in ihrer Identität in Frage stellt und sie somit in ihrer Teilhabe am gesellschaftlichen Leben einschränkt.
Sätze wie von meiner netten, aber eben auf diesem Gebiet unaufgeklärten Sachbearbeiterin: "Dann sollten Sie sich überlegen, ob Sie sich nur am Wochenende "ausleben" damit Sie aus dieser Lage rauskommen" sind zwar wohlwollend gemeint stellen aber letztlich meine Identität als Frau komplett in Frage. Am liebsten hätte ich geantwortet: "Dann versuchen Sie doch wenn Sie ihren Job behalten wollen die Woche über als Mann zur Arbeit zu gehen Ihr Frau-Sein können Sie ja am Wochenende leben". Aber dann denke ich mir es macht wenig Sinn Unrecht mit Unrecht aufzuwiegen.
Ich schweige traurig und träume von einer Welt, in der es keine Menschenrechtsverletzungen mehr gibt.
" Die Würde des Menschen ist unantastbar ! " verabschiede.
...für mich sind diese Worte Vision vielleicht auch Wunschdenken, aber keine Worthülsen.
Herzlichst eure Farah