Sonntag, 17. Oktober 2010

Gespräch mit meinen Eltern

Nach etwas längerer Pause, habe ich heute meine Eltern mal wieder mit meiner Transidentität konfrontiert. Da es mir immer schwer fällt, so schwierige und auch kontroverse Themen direkt anzusprechen, habe ich meinen neuen iPod Touch (siehe "Mein neues Spielzeug, ein iPod Touch") als Einstiegshilfe genutzt. Zuerst habe ich das Gerät meinen Eltern gezeigt und davon berichtet, was es alles kann und irgendwann habe ich dann angefangen, ihnen eines meiner Videos zu zeigen. Da mein Vater ein ähnliches Interesse an Archäologie und alten Bauten hat, habe ich das Video von der Heuneburg gezeigt. Dort bin ich ja ganz am Anfang (en-femme) zu sehen und meine Rechnung ging auf. Von meiner Mutter mußte ich mir dann erst mal anhören, was mir denn einfallen würde so rum zu laufen. Das man mir doch ansehen würde, das ich keine "richtige" Frau bin usw. Mein Vater war da noch eher an der Heuneburg interessiert und weniger, daß ich dort als Frau unterwegs war. Erst als ich ihnen eines der Interviews zeigte, die Farah und ich zusammen produziert haben, hat auch mein Vater in eine ähnliche Richtung reagiert. Ich habe ihnen das Interview mit Claudia (Farah im Gespräch mit Claudia) gezeigt und mein Vater und meine Mutter haben dann ähnlich reagiert wie schon letztens auch, als ich ihnen von Nadeshda erzählte. Sie titulierten alle Transgender erst mal als Spinner und abnormal und das man sich doch nicht Operieren lassen darf, daß das doch viel zu gefährlich sei und was das alles kosten würde und was weiß ich nicht noch alles..

Ich mußte mir also erst mal alle gängigen Vorurteile über transidente Menschen anhören. Ich bin dabei erstaunlich ruhig geblieben und habe versucht ihnen meine Empfindungen und meine Gefühle nahe zu bringen. Meine Mutter wollte allerdings von all dem nichts wissen und hat sich dann irgendwann ins Wohnzimmer verzogen. Diese Verhaltensweise, kenne ich von mir selbst, denn ich bin auch diejenige, die sich zurückzieht, wenn es unangenehm wird. Nur mein Vater blieb und ich konnte noch recht sachlich mit ihm über das Thema reden. Er hat mir zwar klar zu verstehen gegeben, daß ich von meinen Eltern keine Unterstützung oder Akzeptanz zu erwarten habe, wenn ich durchgängig als Frau leben sollte oder gar, wenn ich eine geschlechtsangleichende Operation durchführen lassen würde. Auf der anderen Seite, hat er mir aber auch klar gesagt, daß ich selbst für mein Leben verantwortlich bin und ich selbst wissen muß, was für mich das Richtige ist. Was mir dann doch irgendwo einen kleinen Auftrieb gegeben hat, war die Tatsache, daß sich mein Vater an eine meiner Äusserungen erinnern konnte, die ich als Kind gemacht habe. Ich habe damals mal gesagt, daß ich lieber ein Mädchen wäre und mein Vater hat darauf geantwortet, ich soll doch froh sein ein Junge zu sein, da müßte ich keine Kinder bekommen. Das sich mein Vater daran erinnern kann, hat mir dann doch irgendwie gut getan.

Ich habe meinen Vater zu verstehen gegeben, daß ich von meinen Eltern eigentlich eine gewisse emotionale Unterstützung erwarten würde. Das sie nicht begeistert davon sind, das ich transident bin, ist mir schon klar und das sie meine Empfindungen nicht nachvollziehen können auch, aber trotzdem würde ich mir da etwas mehr Hilfe erwarten, zumindest die Bereitschaft sich über das Thema zu unterhalten, wäre schon etwas das mich ein weing weiter bringen würde, aber selbst das lehnen sie ab, ganz besonders meine Mutter. Gerade diese komplette Verweigerungshaltung macht mir doch ziemlich zu schaffen. Immerhin merke ich an ihren Äusserungen, daß ihr Bild über transidente Menschen völlig verzerrt ist, aber wie kann ich ihr Weltbild in irgendeiner Weise korrigieren, wenn nicht mal die Bereitschaft da ist, sich darüber zu unterhalten. Diese Vogel-Strauß-Politik finde ich sehr belastend und ich weiß nicht, wie ich die abweisende Haltung meiner Mutter aufweichen kann. Meine Strategie ist bis jetzt gewesen, ihnen immer wieder mal meine weibliche Seite zu zeigen und ich hoffe, daß diese Strategie irgendwann einmal Früchte tragen wird, denn ich möchte meine Eltern auch nicht verlieren, deshalb kommt für mich ein kompletter Bruch mit ihnen auch nicht in Frage.

9 Kommentare:

  1. Hallo Michaela,
    Du hast da echt ein Problem. Denn ich glaube nicht, dass sich die Einstellung Deiner Eltern ändern wird. Wie sollte es auch angehen, sie mauern ja sofort wenn das Thema zur Sprache kommt. Du wirst sie nicht erreichen können. Nur Du wirst in der Lage sein Kompromisse zu schließen, sie wollen es weder jetzt noch später, sie lehnen es einfach strikt ab sich mit dem Thema zu befassen.
    Ich möchte nicht in Deiner Situation stecken, denn Du musst entscheiden wie Du in Zukunft damit umgehen willst.

    Chrisi

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  2. Hi Chrisi,

    ja mit dem was du schreibst hast du recht. Die Entscheidung was ich tun werde ist ja schon längst gefallen. Ich versuche nur meine Eltern nicht allzusehr zu überraschen, wenn irgendwann (hoffentlich bald) meine Vornamensänderung durch ist. Ich glaube auch nicht, daß sich ihre Meinung noch irgendwie ändern wird. Aber ich möchte mir auch nicht vorwerfen, ich hätte es nicht versucht.
    Liebe Grüsse,
    Michaela

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  3. Vielleicht brauchen sie noch mehr Zeit dafür. Wenn ihnen richtig bewusst wird, wie sehr sie Dich lieben, dürfte es für sie gar kein Problem mehr sein.
    Ich hoffe, dass alles wieder gut wird.
    Liebe Grüße

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  4. Hi Angelina,
    das hoffe ich auch. Nur wird langsam die Zeit knapp. Aller Wahrscheinlichkeit nach werde ich Anfang nächstes Jahr, meine Vornamensänderung durch haben und danach habe ich ja auch noch etwas vor. Vielleicht können sie sich ja doch irgendwann mit dem Gedanken anfreunden, daß sie jetzt eben eine Tochter haben.
    Liebe Grüsse

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  5. Also ich glauben nicht, dass sie sich doch noch umstellen. Ich müsste jetzt nachschauen wie lange es her ist, dass Du über das erste Gespräch berichtet hast, aber ich bin mir sicher, dass es etliche Monate her ist. Es ist einfach ihre Ansicht und da wird sich nichts ändern. Das ist zwar schade und für Dich sehr unbefriedigend, aber Du solltest Dich daran gewöhnen.
    Es ist ihr Leben und Du erwartest von ihnen Akzeptanz oder zumindest Toleranz für Dich, aber andererseits solltest Du aber akzeptieren, dass sie nicht damit klarkommen, dass Du ein Mädchen bist. Das ist hart, aber das ist die Realität und die ist nun mal oft hart.

    Chrisi

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  6. Ja, das ist so eine heikle Sache, denn da kommt außer der generell üblichen Intoleranz noch der Generationenkonflikt und auch das Interesse am eigenen Kind, den Vorstellungen und Idealen der Eltern zu entsprechen, hinzu.
    Meine Mutter lebt ja auch noch, auch im eigenen Haus (meine Frau und ich pflegen sie) und mit 87 ist das Verständnis extrem schwer. Männer (mein Vater ist leider schon verstorben) reagieren nach meiner Erfahrung ohnehin etwas gelassener und sachlicher bei diesem Thema.
    Ich habe meine Mutter mit folgendem Argument überzeugt: "Ich habe ja keine Schuld, dass ich so bin, das hat die Natur und Dein Körper mit mir gemacht. Denn Transsexualität heißt, dass ich mit einem weiblichen Gehirn und einem männlichen Körper geboren wurde, weil Du im ca. 4 Schwangerschaftsmonat zu viel weibliche Hormone (Östrogen) produziert hast...". Da sagte sie: "Stimmt schon, Du warst schon als Kind immer etwas mädchenhaft. Na gut, wenn es für Dich das Richtige ist, ich habe nichts dagegen. Aber für mich bleibst Du mein Sohn." Ich: "Klar bleibe ich das. Das ist auch nicht so wichtig." Seitdem haben wir einen super Kontakt und das Thema ist kein Thema mehr.
    Du machst das schon.
    Viel Glück und viele Grüße
    Gerti

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  7. Ok, auf der einen Seite kann ich verstehen das dich die Haltung deiner Eltern belastet. Doch ganz ehrlich - sie haben das Problem, nicht du. Ich denke mal das du dir lange Gedanken gemacht hast ob du wirklich lieber eine Frau wärst. Dann hast du diese Entscheidung getroffen und alle anderen haben das zu akzeptieren, auch wenn sie nicht davon begeistert sind. Doch schließlich ist es dein Leben und wem es nicht passt wie du rum läufst der soll halt einen anderen Weg gucken.

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  8. @Luigi So ähnlich sehe ich es auch und ist ungefähr auch die Meinung meines Vaters.

    @Gerti-in-trans Leider sieht meine Mutter das nicht so entspannt. Für sie ist es wohl die größte Schande, die sie sich vorstellen kann, wenn ich bei ihr oder einer Familienfeier en-femme aufkreuzen sollte.

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  9. endlich mal jemand wie ich. ich bin auch transident.
    hat lange gebraucht bis meine mutter es akzeptiert hat.
    aber mitlerweile hab ichs geschafft.
    ich wünsch dir viel glück.

    btw. ich veröffentliche endlich mein ts-tagebuch hier im blog. falls du interessiert bist, lies es einfach :)
    würde mich sehr freuen und ich hoffe, das es leuten wie mir hilft.

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