Sonntag, 7. Juni 2015

Beim Deutschen evangelischen Kirchentag in Stuttgart (MW #171)

 Letztes Jahr schon, wurde an mich die Frage heran getragen, ob ich mir zutrauen würde, bei einer Veranstaltung beim Deutschen evangelischen Kirchentag mitzuwirken, sie hieß "Was ist der Mensch - Geschlecht ist Vielfalt". Ich habe mich damals kurzer Hand dazu entschlossen mitzumachen, auch wenn ich meine Bedenken dabei hatte. Immerhin, hatte ich keine Erfahrung, was das Vortragen vor einem größeren Publikum betrifft. Als Kind mußte ich mal in einer Schulaufführung der Weihnachtsgeschichte eine Hauptrolle spielen, obwohl ich mich damals nicht für diese Rolle beworben hatte., meinte meine Lehrerin damals, daß ich wohl geeignet sei, diese Rolle zu spielen. Im Vorfeld der Aufführung gab es einige Proben und ich beherrschte den Text einwandfrei, sogar den von all meinen Mitspielerinnen. Als ich dann aber vor den Eltern meiner Mitschülerinnen und Mitschülern, meine Rolle spielen sollte, brachte ich vor lauter Aufregung und Angst kaum ein Wort heraus. Ich hatte damals so viel Lampenfieber, daß ich mich an den Text, den ich einen Tag zuvor noch perfekt auswendig gewußt hatte, nicht mehr erinnern konnte. Er war einfach weg. 

Auch später in meiner Schulzeit, hatte ich Angst vor der Klasse etwas an die Tafel schreiben zu müssen. Mir war es unangenehm  im Mittelpunkt zu stehen und ich habe mich peinlich berührt gefühlt, wenn ich dies denn mal mußte. Während des Studiums, mußte ich bei zwei Seiminare, das vortragen, was ich erarbeitet hatte. Ich habe mich damals eines kleinen Tricks bedient. Ich habe mir alles was ich sagen wollte auf Karteikarten geschrieben und so hatte ich währende meines Vortrages, etwas in der Hand, an dem ich mich buchstäblich festhalten konnte. Ich war damals natürlich auch sehr aufgeregt, aber ich hatte das Gefühl, daß ich nicht so aufgeregt war, wie damals in der Grundschule.

Am Samstag, war es dann endlich so weit, daß ich in einem Impulsvortrag etwas über geschlechtliche Selbstbestimmung sagen sollte. Ich habe mir schon ein paar Wochen zuvor überlegt, wie ich meinen Vortrag gestalten wollte und was ich ansprechen wollte. Da es sich um einen Impulsvortrag handeln sollte, was nach meinem Verständnis ein Vortrag sein sollte, der frei und impulsiv aus der Situation heraus vorgetragen werden sollte, habe ich mir die Arbeit erspart, den Vortrag schriftlich auszuarbeiten (Wie ich gerade lese, irre ich mich da, aber nun gut). Ein Vortrag, der frei gesprochen wird, wirkt oftmals lebendiger und authentischer, als wenn man ihn abliest, falls die Rednerin, das mit dem frei Vortragen beherrscht. Ausserdem war ich zu faul, mir die Arbeit zu machen, meine Rede schriftlich auszuarbeiten, so daß ich es darauf ankommen ließ und hoffte, daß mir während den 10 bis 15 Minuten des Vortrages, die richtigen Worte einfallen würden. 

Meine Vorrednerin, Frau Dr. Eske Wollrad, hatte das Thema "Nicht männlich und weiblich - von Engeln und Intersexuellen". Als ich sah, daß sie mit einem ausgearbeiteten Papier auf die Bühne ging, bekam ich Zweifel, ob meine Idee, des freien Vortragens so gut gewesen ist, aber zu dem Zeitpunkt war es schon zu spät. Ich mußte jetzt das beste daraus machen und hoffen, daß ich während meines Teils, etwas sinnvolles heraus bringen würde. Als ich den Vortrag von Frau Wollrad hörte, dachte ich mir, daß es vielleicht doch ganz gut war, mich auf das Experiment einzulassen, denn so konnte ich ein Thema, ihres Vortrages aufgreifen und in meinem Impulsvortrag weiterführen. Sie kam zu dem Schluß, daß es nicht nur zwei Geschlechter gibt, sondern ganz viele Geschlechter, zwischen Mann und Frau und das war, wie ich finde, ein guter Anknüpfungspunkt.

Nach etwas mehr als 15 Minuten, war Frau Wollrad mit ihrem Vortrag fertig und ich mußte auf die Bühne ans Rednerpult. Da ich in der ersten Reihe saß, habe ich gar nicht so mitbekommen, daß der Gemeindesaal der St. Michael Gemeinde voll war und manche der Zuhörerinnen und Zuhörer schon auf dem Boden sassen. Zu Beginn meines Vortrages, habe ich erst mal kurz darauf hingewiesen, daß Vortragen für mich eine neue Erfahrung sei und ich hoffe, daß ich das zur Zufriedenheit, der Anwesenden hin bekommen werde und dann begann ich, etwas über geschlechtliche Selbstbestimmung zu sagen. Während des Vortrages sah ich, daß gelegentlich einzelne Zuhörerinnen und Zuhörer, den anwesenden Pfadfinderinnen bzw. Pfadfindern ein Zeichen gaben, um eine Karteikarte, zu bekommen, auf denen sie ihre Fragen und Anmerkungen  aufschreiben konnten, die dann an die Anwältinnen der Zuschauer weiter gereicht wurden. Mich verunsicherte dies ein wenig und ich hatte das Gefühl, daß ich wohl etwas falsch machen würde.

Mein Vortrag ging ziemlich genau bis zu dem Zeitpunkt, wie es vorgesehen war und ich hatte das Gefühl, nicht kompletten Blödsinn erzählt zu haben, aber auch das Gefühl, daß ich es hätte besser machen können und sicher irgendeinen wichtigen Punkt vergessen hätte, den ich ansprechen wollte. Auch hatte ich das Gefühl, daß ich zu viele "Ähs" mit dring gehabt hatte, aber als es halb vier war, dachte ich, daß ich genug gesagt habe und ich alle Punkte angebracht hatte, die ich vortragen wollte. Ich war froh, daß ich diesen Vortrag hinter mich gebracht hatte und beendete ihn kurzer Hand und setzte mich dann wieder auf meinen Platz in der ersten Reihe.

Nach den beiden Impulsvorträgen sang der Chor Querubim und danach begann die Podiumsdiskussion, an der ich auch beteiligt war. Wir waren vier Personen und ein Moderator auf der Bühne und jetzt ging es darum, die Fragen, die während den Impulsvorträgen von den Pfadfindern eingesammelt wurde und an die Anwältinnen des Publikums weiter gereicht wurden, zu beantworten. Bei der Podiumsdiskussion fühlte ich mich weniger angespannt als bei dem Vortrag, da ich nicht so daß Gefühl hatte, daß ich im Mittelpunkt stehen würde. Die Podiumsdiskussion wurde noch einmal durch eine Gesangseinlage durch den Chor unterbrochen und ging insgesamt eineinhalb Stunden und endete wie vorgesehen ziemlich genau um 17.00 Uhr. Während der Podiumsdiskussion dünnte sich das Publikum immer mehr aus. Entweder lag es daran, daß es manchen zu warm war, sie sich vielleicht etwas anderes von der Diskussion erhofft hatten oder sie zu einer anderen Veranstaltung wollten, die zeiltich mit der unsrigen kollidierte.

Nach der Veranstaltung hatte ich noch die Gelegenheit, mit ein paar der Zuschauerinnen bzw. Zuschauer zu sprechen und ich war sehr überrascht, daß diejenigen, die mich ansprachen, mir eine positive Rückmeldung bezüglich meines Auftretens gaben. Natürlich hat mich das sehr gefreut und hat gut getan, hat mir aber auch wieder gezeigt, daß die Eigenwahrnehmung bei Vorträgen und Präsentationen oftmals sehr viel kritischer ist, als die Wahrnehmung durch das Publikum.

Für mich war die Veranstaltung eine neue Erfahrung und das nicht nur, wegen meiner Vorträge und der Mitwirkung an der Podiumsdiskussion, sondern auch, weil die Atmosphäre im Regenbogenzentrum beim Kirchentag eine sehr herzliche und offen Atmosphäre war. Ich hatte hier das Gefühl, daß die Menschen sich gegenseitig freundlich und mit Respekt begegneten. Mich hat diese Offenheit und Freundlichkeit ein wenig an die re:publica erinnert, wo ich sonst, auch dieses Gefühl habe, dort allerdings noch etwas mehr, da ich auf der re:publica ja 3 Tage bin und nicht nur wenige Stunden.

Nach ein paar Gesprächen und einem Kaffee zur Stärkung bin ich dann wieder nach Hause gefahren. Vielleicht hätte ich die Chance ergreifen sollen, mich mehr auf den Kirchentag einzulassen, als wie ich es getan habe, immerhin hatte ich eine Eintrittskarte für den gesamten Kirchentag, aber warum ich dies nicht gemacht habe, kann ich vielleicht mal in einem anderen Blogbeitrag schreiben.

Zu dem Beitrag habe ich auch eine neue Podcastfolge aufgenommen:



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