Samstag, 2. November 2013

Beim Betriebsarzt

Ich bin ja eine Frau mit einer transidenten/transsexuellenVergangenheit, was bedeutet, daß man mir eventuell diese Vergangenheit ansehen kann. Ich bin deshalb immer froh, wenn ich eine Rückmeldung bekomme, daß man mir diese Vergangenheit eben nicht ansieht. So etwas ist mir am Montag bei der Grippeschutzimpfung bei unserer Betriebsärztin passiert

Ich lasse mich jedes Jahr von unserem Betriebsarzt zum Schutz vor Grippe impfen. Das geht schnell und unkompliziert und ich kann dies während der Arbeitszeit tun, muß also nicht, wie bei meinem Hausarzt eine Stunde oder mehr warten, bis ich dran komme. Dieses Jahr war eine neue Ärztin da. Unser bisherige Betriebsarzt, der mich auch noch in der männlichen Rolle gekannt hat, hat bei uns aufgehört. Ich komme also in die Praxis der Betriebsärztin und sage meinen Namen, sie geht an den Aktenschrank und sucht meine Akte heraus. Es gibt bei uns mehrere Frauen, die den gleichen Nachnamen haben, wie ich, weshalb sie zuerst die Akte einer Kollegin in die Hände nahm. Ich sagte ihr, dann das ich Michaela heisse und wahrscheinlich auf der Akte mein alter männlicher Name darauf zu sehen sei. Ich machte darauf hin die Ärztin darauf aufmerksam, daß ich eine transidente/transsexuelle Vergangenheit habe und erst hier bemerkte die Betriebsärztin, diesen Umstand.

Sie meinte, daß sie dies gar nicht gemerkt hätte und das es ja einige große und kräftige Frauen gibt und die nicht unbedingt den gängigen Vorstellungen entsprechen, wie eine Frau auszusehen habe. Mir hat diese Äusserung natürlich sehr gut getan, hat sie mir doch gezeigt, daß mein Passing ganz gut zu sein scheint. Immerhin scheint sie auch meine Stimme als durchaus weiblich empfunden zu haben. Immerhin ist die Stimme oftmals das Verräterische, was bei transidenten/transsexuellen Frauen oftmals deren Vergangenheit entlarvt.

Wir haben uns dann noch eine ganze Weile über das Thema Transsexualität unterhalten. Sie wollte wissen, ob mein Coming-Out in der Firma gut verlaufen ist und wie meine Situation hier ist. Ich konnte ihr hier nur Positives berichten und sie erzählte mir, daß sie da schon mal was anderes aus einer anderen Firma aus der Gegend mitbekommen hat. Das Gespräch mit ihr hat sehr gut getan und ich hatte das Gefühl von ihr so akzeptiert zu werden, wie ich bin.

Solche Begebenheiten tun mir gut und zum Glück sind sie selten. Ich sage zum Glück, denn ich möchte im Alltag mich möglichst wenig als Frau mit transidenter/transsexueller Vergangenheit outen. Das ist für mich manchmal anstrengend und ich kann auch immer schlecht abschätzen, wie mein Gegenüber darauf reagiert. Bis jetzt habe ich nur Positives erlebt, aber ich weiß, daß dies nicht immer der Fall sein muß.

4 Kommentare:

  1. Eigentlich wollen wir so etwas ja nicht mehr erleben, aber wenn wir doch mal in solch eine Situation kommen, dann freut es uns doch, dass man uns die "Frau" abnehmen.

    Mir ging es in der letzten Woche ähnlich, ich war auf dem Nachlassgericht und wurde gefragt, ob ich die Tochter sei. Musste ich zwar verweigern, denn meine Papiere sind noch nicht umgeschrieben, aber die Frage als solches empfand ich schon mal als positiv. Denn es zeigte mir, dass man auch als sehr große und kräftige Person durchaus als Frau angesehen werden kann.

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  2. Liebe Michaela, ich freue mich mit Dir! Liebe Grûsse von Pat.

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  3. Hallo Michaela, toll dass es so gut verlaufen ist. Für mich klingt deine Stimme absolut weiblich, ohne Witz. Ich höre deshalb auch deine Podcasts gerne, weil ich sowieso finde, dass du eine sehr weibliche und angenehme Stimme hast. Mach weiter so, alles TOP. LG, Anika

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