Diese Woche am 13.06.2012 wurde der Referentenentwurf zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage veröffentlicht und er hat auch gleich einen großen Aufschrei bei vielen Bloggerinnen und Bloggern ausgelöst. Denn dieser Entwurf sieht vor, ich zitiere:
"Verwendet ein Blogger zu seinem Hobby-Blog Fachartikel aus einschlägigen Presserzeugnissen und blendet er zur Refinanzierung seiner Unkosten Werbebanner oder den Bezahl-Button eines Micropaymentdienstes ein, dann handelt er zu gewerblichen Zwecken und muss eine Lizenz erwerben. Darauf, ob der Blogger die Absicht hat, mit der Werbung einen Gewinn zu erzielen, kommt es nicht an. Weil sein Blog sich nicht als verlagstypische Leistung darstellt, gilt das neue Leistungsschutzrecht für ihn nicht."
Dies bedeutet, daß ich als Bloggerin und Podcasterin und YouTuberin, keine noch so kleine Stücke aus einem Presseerzeugnis zitieren dürfte, ohne das ich vorher nicht eine Lizens von dem Presseverlag einholen müsste. Viele Blogs versuchen sich über Werbeeinblendungen und Micropaymentdienste wie flattr.com oder Kachingle zu refinanzieren. Wenn ich mir das bei mir anschaue, was dabei rüber kommt, wäre für mich, sollte das Leistungsschutzrecht wie es hier jetzt als Entwurf vorliegt, eine Lösung, daß ich alle Werbemaßnahmen und Micropaymentdienste aus meinem Blog entfernen würde, denn die Einnahmen sind so gering, daß ich bis jetzt noch keine hatte. Aber darum geht es hier nicht.
Dieser Entwurf versucht wieder einmal, alte Einnahmequellen aus der Zeit vor dem Internet in das Internetzeitalter hinüber zu retten. Verlage haben ihr Geld damit verdient, daß sie etwas produziert haben, das viele Menschen interessiert hat und lesen wollten. Dazu brauchte es früher, Korrespondenten und Korrespondentinnen, Fotografen und Fotografinnen, Kamerafrauen und -männer usw. die etwas produzierten, das danach durch eine Redaktion überarbeitet wurde um dann durch Druckerpressen hergestellt zu werden und dann durch ein Vertriebssystem an die Frau und an den Mann gebracht zu werden. Dieser Herstellungsprozess hat sich durch das Internet sehr stark geändert, denn heute kann praktisch jede/jeder die/der einen Computer hat und einen Internetanschluß hat, etwas öffentlich machen, was früher nur Verlage konnten. Soweit so gut, denken jetzt vielleicht manche, was geht mich das an? Nun, es ist üblich im Internet und gehört auch zur Kultur des Internets dazu, daß man sich über die Werke der Mitpublizisten austauscht und diskutiert. Dazu gehört auch, daß ein Blogger, sich über einen Artikel, sagen wir mal, des Spiegels, in seinem eigenen Blog auseinendersetzt. Um diese Auseinandersetzung durchführen zu können, muß man teile des Spiegel-Artikels zitieren. Diese Möglichkeit ist bis heute durch das Zitierrecht erlaubt. In Zukunft soll diese Möglichkeit beschränkt werden, wenn ich als Bloggerin, so wie oben beschrieben, in meinen Blog Werbebanner und Micorpaymentdienste eingebunden habe.
Dadurch das den Bloggerinnen und Bloggern, die Möglichkeit genommen wird, sich in bescheidenem Umfang zu refinanzieren, ohne daß man selbst die Möglichkeit erhält selbst als Presseverlag auftreten zu dürfen und somit auch selbst dieses Leistungsschutzrecht in Anspruch nehmen könnte. Wird meiner Meinung nach die öffentliche Debatte über die Dinge eingeschränkt, die in den Presseerzeugnissen veröffentlicht werden. Es wird dadurch das Meinungsmonopol der Verlage zementiert. Dieses Meinungsmonopol stellt aber nicht die Meinung der Mehrheit der Bevölkerung dar, sondern nur derjenigen, die den Zugang zu den etablierten Medien haben. Die etablierten Medien sind aber mit den vorherrschenden Strukturen so sehr verwoben, daß sie selten so kritisch berichten, wie dies manchmal erforderlich ist, um eingefahrene Strukturen und Vorgänge besser gestalten zu können. Klar, ich kann einen Blog auch ohne irgendwelche Refinanzierungsmöglichkeiten betreiben und wäre dadurch auch nicht dem Leistungsschutzrecht unterworfen, aber wer schon einmal gebloggt hat, weiß wieviel Zeit zum Bloggen notwendig ist. Ja die meisten Bloggerinnen und Blogger tun dies in ihrer Freizeit und sind auf diese Refinanzierungsmöglichkeiten nicht angewiesen, aber wenn man unabhängig von den herrschenden Presseverlagen agieren möchte und qualitativ hochwertige Artikel verfassen möchte, muß man sehr viel Zeit in seinen Blog investieren und dies ist dann eventuell auch mit den erfordernissen eines Berufs schwer vereinbar. Ein paar der erfolgreichsten Blogger, die wahrscheinlich sogar selbst in den Genuß, des Leistungsschutzrechtes kommen könnten, müssten dann in Zukunft, vor einer Berichterstattung über einen Artikel in einem Pressererzeugnis, erst mal eine Lizens einholen. Allein dies würde zu einer nicht hinnehmbaren beeinträchtigung führen, wie ich finde. Wahrscheinlich würden Institutionen wie die Gema, mit den bekannten Problemen, entstehen.
Wie könnte denn nun ein anderer, vielleicht besserer Ansatz aussehen? Ich finde, daß das Urheberrecht, um den Ansatz des fairen Gebrauchs (in englisch "faire use") erweitert werden sollte. Es sollte jeder/jedem möglich sein, Teile eines Urheberrechtlich geschützten Werkes in sein eigenes Werk einsetzen dürfen, ohne dafür irgendwelche Lizensen bezahlen zu müssen oder einholen zu müssen. Dabei sollte meines erachtens der Umfang und die Bedeutung des benutzten Teiles am Gesamtwerk maßgeblich sein. Es kann meines erachtens nicht richtig sein, daß ich wegen eines kleinen Textstückes, über das ich mich inhaltlich auseinander setze und das vielleicht nicht einmal 1% am gesamten eigenen Text ausmacht, ich eine Lizens erwerben sollte und dafür eventuell etwas bezahlen sollte. Dies ist nach meinem Rechtsempfinden nicht gerecht und nicht nachvollziehbar, aber genau dieses soll, wenn der Referentenentwurf Gesetzeskraft erlangen sollte, passieren. Im Extremfall wäre sogar schon die Verwendung der Überschrift ein Verstoß gegen das Leistungsschutzrecht und könnte abgemanhnt werden, wenn ich keine Lizens dafür habe. Durch diesen Entwurf, wird das Recht auf Zitate unangemessen eingeschränkt, was auch Auswirkungen auf die Wissenschaft hätte, denn wissenschafltliche Arbeiten, leben durch das Zitieren anderer Werke und ist elementarer Bestandteil des wissenschafltichen Diskurses. Deshalb bin ich auch für einen Mindeststandard und deshalb finde ich auch den Ansatz, den die Onlinepetition "Freiheit im Internet - das Mindestmaß" vertritt, als vernünftig an. Dort wird gefordert, daß
- Grafiken in der Größe von maximal 50.000 Pixel
- zusammenhängenden Textpassagen von bis zu 255 Worten
- O-Tönen und Videomaterial von bis zu 30 Sekunden am Stück
Wie gesagt finde ich diese Forderung vernünftig. Sie höhlt das Urheberrecht nicht aus und ist rechtlich so leicht zu verstehen, daß man als Bloggerin oder Blogger nicht bei jedem Zitat gleich einen Anwalt braucht um sein Werk zu begutachten, bevor man es veröffentlicht. Das ist wie ich finde eines der wichtigsten Argumente für diese Mindeststandards. Sie können von jedem verstanden werden und man braucht keine umfassende rechtliche Bildung um sie anwenden zu können, was zu deren Akzeptans beitragen würde. Wie gesagt, es sind Vorschläge für Mindeststandards, über die es sich lohnt zu diskutieren.
Wenn du also auch für diese Mindeststandards bist, so bitte ich dich, gib deine Stimme bei der Onlinepetion ab und unterschreibe sie. Je mehr Menschen mitmachen, desto eher wird man von der Politik wahrgenommen und ich hoffe, daß dieser Referentenentwurf auch ein Entwurf bleibt und das ein Urheberrecht geschaffen wird, daß im Internetzeitalter angekommen ist.
Hier geht es zu der Onlinepetition -> Freiheit im Internet - das Mindestmaß
Zu dem ganzen Thema gibt es auch ein Video auf YouTube von mir:
Referentenentwurf zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage
auf dem YouTube-Kanal Michaelas Welt
Referentenentwurf zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage - Ein Angriff auf die Meinungsfreiheit? von Michaela Werner steht unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz |
....Michaela Werner berichtet – auch per Video – über neue Wege im Leistungsschutzrecht und die ganz konkreten Auswirkungen auf die tägliche Informations- und Meinungsbildung im Internet – und warum das ganze Thema relevant für alle Netznutzer_innen. ist.....
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