Mittwoch, 6. Januar 2010

Einige Tage nach dem Coming-Out bei meinen Eltern

Collage von Bildern vom heutigen Tag
Posted by Picasa Collage mit Bildern vom heutigen Tag
Heute hatte ich Geburtstag und ich bin mal wieder froh, daß ich diesen Tag hinter mir gebracht habe. Nach den vielen Feiertagen, bin ich jedes Jahr glücklich, wenn dieser letzte Feiertag aus der Reihe der Weihnachts- und Jahresendfeiertage zu Ende geht. Wie ihr ja vielleicht gelesen habt, hatte ich am 27.12.2009 das Coming-Out bei meinen Eltern. Seit dem war ich in der schon mehrfach bei Ihnen auf Besuch. Als ich das erste mal, nach diesem Sonntag, es war am Mittwoch den 30.12.2009, bei ihnen war, hat mein Vater das Thema Transidentiät noch mal angesprochen und mir nahe gelegt, daß ich auf keinen Fall eine Vornamensänderung beantragen soll und auf keinen Fall als Frau zur Arbeit gehen sollte. Meine Mutter hatte mein Coming-Out ziemlich mitgenommen. Sie hatte mir einige Vorwürfe gemacht und wir hätten uns beinahe gestritten, wenn nicht mein Vater schlichten eingegriffen hätte. Das mein Vater besser mit der Situation umgehen kann, als meine Mutter hatte ich nicht erwartet. Ich hatte eigentlich erwartet, daß es eher umgekehrt sei. Auf alle Fälle hatten wir uns dann darauf geeinigt, daß ich mein Frau sein, in der Freizeit auslebe und sie mich so nicht sehen wollen, ganz besonders nicht meine Mutter.

Schon beim nächsten Besuch bei ihnen, war das Thema Transsexualität bzw. Transidentität kein Thema mehr. Sie verhielten sich so wie immer. Wir umarmten uns zur Begrüssung und bei der Verabschiedung und wir unterhielten uns über die gleichen Sachen, wie vor dem Coming-Out. Genau so verlief es heute, anlässlich meines Geburtstages. Meine Nichte, ihr Mann und mein Bruder waren Nachmittags zu Kaffe und Kuchen eingeladen. - Sie wissen immer noch nichts von meiner Transidentität und so soll es auch vorerst auch mal bleiben. - Jedenfalls war es heute Nachmittag so, als ob sich nichts geändert hätte.

Der heutige Tag verlief also gar nicht schlecht und ich hoffe, daß meine Eltern vielleicht doch irgendwann einmal meine weibliche Seite annehmen können und mich auch in der weiblichen Rolle akzeptieren können. So lange, das nicht der Fall ist, werde ich eben den Kompromiss eingehen und zu meinen Eltern in der von ihnen gewohnten männlichen Rolle auftreten, wobei diese männliche Rolle sich rein auf das äusserliche bezieht.

Mein Vorhaben, demnächst noch die Vornamensänderung zu beantragen, werde ich noch ein paar Monate nach hinten verschieben. Eigentlich wollte ich dies jetzt demnächst angehen, aber ich werde da doch noch ein wenig warten. Ausserdem ist ja der Meilensteine, den ich mir für dieses Vorhaben gesetzt habe, immer noch nicht ganz erreicht. Ich habe immer noch viel zu viele Barthaare im Gesicht und dieses ist die Voraussetzung, daß ich den nächsten Schritt angehen werde. Ich vermute mal, daß es noch ein gutes halbes Jahr dauern wird, bis die Haare, die noch an meinem Hals sprießen, sich soweit gelichtet haben, daß ich die Vornamensänderung beantragen kann.

Ich werde euch auf alle Fälle auf dem Laufenden halten, wie alles weiter geht.

10 Kommentare:

  1. Ich wünsche Dir alles Gute zum Geburtstag und dass alle Deine Wünsche und Vorhaben im nächsten Lebensjahr in Erfüllung gehen.

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  2. Auch von mir alles liebe und gute zu deinem Geburtstag. Ist doch ein guter Kompromiss, finde ich jedenfalls. Auch wenn du gerne ganz Frau sein willst.

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  3. Hallo, Michaela! Vor wenigen Tagen habe ich deinen Bericht über dein Coming Out bei deinen Eltern gelesen. Mein erster Gedanke war: mutig, gut gemacht und wollen mal sehen. Heute nun dein Bericht vom ersten Treffen mit deinen Eltern danach: Kompromiß, Rückzieher und Stillschweigen. Du hast so toll begonnen und stellst plötzlich alles in Frage. Was ist denn passiert? Ich wünsche dir, daß du zu deiner alten Stärke zurück findest und dein Ding durchziehen kannst. Das Wichtigste ist, daß DU weißt was Du willst. Es ist dein Leben! Nimm es in deine Hände und entscheide, wo es lang geht. Du kannst sicher sein, deine Eltern folgen dir, denn sie wollen nicht ihr Kind verlieren. Und das wirst du ja bleiben! Sprechen, nicht schweigen!
    Mit lieben Grüßen, Claudia.

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  4. Ich bin ganz erstaunt, dass deine Eltern so reagiert haben. Ich habe mehr erwartet. Aber ich weiß auch, wie schwer es ist, sich gegen die eigenen Eltern zu behaupten.

    Ich selbst hatte großes Glück: Meine Mutter weiß um meine Weiblichkeit seit ich 13 Jahre alt war, auch wenn sie nicht ahnte, dass ich einmal so weit gehen würde.
    Und mein Vater stellt mich überall stolz als seine Tochter Svenja vor. Dabei ist er ein pensionierter Bundeswehroffizier und ich hatte nie damit gerechnet.
    Dennoch: Meine Eltern halten zu mir. Meine Mutter schenkt mir manchmal Accessoires oder MakeUp.

    Ach Michaela, wenn es eines gibt, das ich gelernt habe, dann dies: Die Menschen brauchen Zeit. Viel Zeit. Für uns T-Girls ist mit dem Outing alles erledigt und besprochen, aber unsere Freunde und Familie müssen genügend Zeit haben, sich an die neue Situation zu gewöhnen.

    Du solltest ganz klar machen, dass du die Vornamensänderung anstrebst und natürlich irgendwann auch als Frau arbeiten wirst. Das zeigt deinen Eltern, dass es keine Laune, keine Macke, kein Spleen ist, sondern dein neuer Lebensweg.

    Viel Erfolg wünscht dir Svenja aus Kiel.

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  5. hallo michaela !
    ich möchte mich claudia und svenja vollinhaltlich anschliessen.
    das soll dich nicht unter druck setzen und natürlich bestimmst alleine du deine reaktion und vorgehendsweise in der nächsten zeit. aber lass deine eltern nicht vom haken, lass nicht zu, dass sie das thema so abtun, indem sie dir ein paar gutgemeinte tipps geben und dann zur tagesordung übergehen.
    das ist ja fast, als hättest du nie mit ihnen darüber geredet. kannst du denn mit diesem stillschweigen und dem ignorieren deiner person auf dauer leben ?
    es stimmt sicher, dass sie zeit brauchen, und das alles nicht von heute auf morgen geht. aber der punkt ist: wenn sie das thema verweigern und sich nicht damit auseinander setzten, wird auch ihre einstellung sich nicht ändern. und sie werden von dir erwarten, dass du schön unauffällig und so wie sie es gewohnt sind, weiter lebst.
    ich wünsche dir die kraft und das durchsetzungsvermögen kompromisslos du selbst zu sein. konfrontiere deine eltern, zeig ihnen wie ernst es dir ist.
    ich schick dir ganz liebe grüsse.
    nico

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  6. alles liebe zum Geburtstag Michaela :)

    Auch wenn es deine Familie ist, es ist dein Leben und als liebende Eltern werden sie dich so akzeptieren wie du bist.
    Ansonsten musst du wohl herausfinden was dir wichtiger ist...

    Viel Glück

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  7. Erst mal vielen Dank für eure Glückwünsche und eure guten Tipps. Ich sehe es ganz ähnlich wie Svenja und Nico. Ich werde meine Eltern klar machen, daß es mir ernst ist und sie so nach und nach mit dem Gedanken vertraut machen, daß sie eben irgendwann eine Tochter haben werden. Ich gehe mal davon aus, daß das nicht in wenigen Tagen zu schaffen ist. Ich habe ja selbst sehr lange gebraucht um zu mir stehen zu können, da kann ich von meinen Eltern nicht erwarten, daß sie meine Entwicklung in wenigen Tagen nachvollziehen können. Ich glaube, sie werden mich mit der Zeit auch als weibliches Wesen akzeptieren können. Zum Glück sind meine Eltern, trotz ihres schon recht fortgeschrittenen Alters geistig und körperlich ziemlich fit.

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  8. Hi Michaela,

    auch ich möchte Dir ganz besonders (nachträglich) zum Geburtstag gratulieren!!!
    Ich wünsch Dir, dass mit deinen Eltern alles gut ausgeht! Viel Gesundheit und Erfolg!

    ...ja mich gibet noch ;-)

    Liebe Grüße aus SHA
    Terry

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  9. Liebe Michaela

    Nachträglich alles Gute zum Geburtstag.

    Lass deiner Mutter bisschen Zeit, sie wird sich schon dran gewöhnen. Vermutlich hat sie nie damit gerechnet und muss die neue Situation jetzt erstmal akzeptieren.

    Liebe Grüsse
    Brigitte

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  10. Daß Deine Eltern das Thema Transidentität schon bei Deinem dritten Besuch nach dem Coming-Out nicht mehr zur Sprache brachten, ist sicher auch ein Zeichen dafür, daß sie damit zunächst einmal emotional überfordert waren/sind.

    Mir scheint auch, daß sie noch nicht ganz verstanden haben, daß es sich bei Deinem Frau-Sein nicht um ein kurioses Hobby handelt, wenn sie verlangen, Du sollest es nur "in Deiner Freizeit ausleben" und keine Vornamensänderung anstreben. Vielleicht ist ihnen auch noch nicht klar, daß ja niemand solche Beschwernisse sozialer und psychischer Art, die Transidentität nun einmal mit sich bringt, auf sich nimmt nur eines seltsamen "Spleens" wegen. Und sicher haben Deine Eltern auch Angst, was es sozial für sie selbst bedeuten könnte, wenn bekannt wird, daß ihr Sohn ein Mann-zu-Frau-Transgender ist. Diese Angst dürfte umso größer sein, je weniger sie intellektuell und emotional wirklich verstanden haben, was Transidentität ist und sie es demzufolge auch andern nicht wirklich erklären könnten.

    Wenn man sich einmal in Deine Eltern hineinversetzt, so ist so ein Coming-Out als transidenter Mensch natürlich für sie in verschiedener Hinsicht ein Schock, und dieser Schock hat nicht unbedingt mit Vorurteilen zu tun, sondern damit, daß sie quasi selbst eine plötzliche Identitätskrise durch die Mitteilung erleiden. Sie kennen Dich ja von kleinauf nur als Jungen/Mann, sie haben ein Bild von Dir entwickelt, das für sie mit Erlebnissen, Ängsten und Emotionen verknüpft ist. Und auf einmal gerät dieses Bild, diese Identität für sie völlig ins Schwimmen. Es kann durchaus etwas Beängstigendes haben, wenn man feststellt, daß man Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, einen Menschen, und in diesem Fall sogar das eigene Kind, eigentlich gar nicht gekannt hat. Das läßt sie auch an sich selbst zweifeln, vielleicht sogar an ihrer Elternrolle, auf jeden Fall an ihrer Wahrnehmung und ihren Gefühlen.

    Es ist vielleicht auch gar nicht so überraschend, daß Deine Mutter besonders ablehnend reagiert. Wäre die Lage umgekehrt und Du ein Frau-zu-Mann-Transgender, hätte vermutlich Dein Vater die größeren Probleme damit. Es irritiert Deine Mutter auch in ihrer Identität als Frau, daß ihr Sohn eigentlich eine Tochter ist.

    Dieses letztere Problem wirst Du so ohne weiteres wohl nicht lösen können, das zuvor genannte aber schon. Für Deine Eltern käme es darauf an, zu lernen, das bisherige Bild einschließlich ihrer Gefühle und Erinnerungen, die sie von Dir haben, mit Deiner wahren Identität in Einklang zu bringen. Ich vermute, daß Du Dich schon ziemlich früh, wahrscheinlich schon als Kind weiblich gefühlt und in vielen Dingen auch so verhalten hast. Wenn das so ist, dann sprich doch mit Deinen Eltern hin und wieder über diese Begebenheiten in Deiner Kindheit und Jugend (vielleicht hilft ja sogar ein altes Fotoalbum dabei), sodaß sie verstehen, daß es entsprechende Signale für Dein Anderssein ja eigentlich immer gegeben hat und sie sie nur nicht entsprechend gewichtet haben. Möglicherweise kommt es dann sogar zu regelrechten Aha-Erlebnissen.

    Doch auch dafür braucht es, wie Svenja richtig sagt, viel Zeit und Geduld. Laß' Dich trotzdem nicht entmutigen.

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